Wir gehen jetzt auf Ostern zu. Gehen mit der Sonne des neuen Tages. Gehen mit dem Licht des Sonntags. Es tut gut, dieses Licht. Es wärmt, es macht alles heller und froher. Wir brauchen dieses göttliche Licht besonders in dieser Passionszeit. Brauchen es für uns persönlich, in unserem Weitergehen in die Zeit, in die Jahre unseres Lebens. Da haben wir genug Herausforderungen, genug Neues, auf das wir uns einstellen müssen. Haben auch Leiden und Schmerz, auch einiges, was wir uns anders vorgestellt haben. Ganz besonders brauchen wir dieses Licht von Ostern her im Geschehen in der Ukraine, in diesem fürchterlichen Krieg.
„Ich denke an die Kinder“, so sagte es eine unserer Konfirmandinnen in der Friedensandacht, „an die Kinder, die alles verlassen müssen, die Schule, die Freunde, die Haustiere. Kinder, die manchmal noch ganz klein sind.“ Und unsere andere Konfirmandin leitete die Friedensandacht damit ein, dass wir dies alles nicht wollen, dass wir uns alle ein friedliches Miteinander wünschen. Ich selber bin beeindruckt, wie stark die Anständigen und Aufrichtigen versuchen, gegenzuhalten, gegen diesen Krieg. Mit den Sanktionen, die ja auch einem selber schaden. Mit der Aufnahme und Hilfe für die Flüchtenden. Wir helfen, wir sammeln, wir schicken Konvois mit Lebensmitteln, und wer kann, nimmt Frauen und Kinder bei sich zuhause auf oder vermittelt eine solche Unterkunft. Noch erzählen sie ihren Gastfamilien, dass sie schnell wieder zurückwollen. Manche haben nur Winterkleidung mitgenommen, sie rechnen damit, zu Ostern wieder daheim zu sein. Wir beginnen, ihnen vorsichtig zu sagen, dass wir damit leider nicht rechnen.
Gelobt sei der „Gott allen Trostes, der uns tröstet in aller unserer Bedrängnis, damit auch wir trösten können“, so schreibt der Apostel Paulus an die Gemeinde in Korinth. Er meint Gott, den Vater unseres Herrn Jesus Christus, von dem dieser Trost allein kommen kann. Und schreibt von sich, von seinen Leiden, die wie die Leiden von Jesus Christus über ihn gekommen sind. Und er spricht von seinem Glauben, der ihm half, in diesen Leiden nicht alleine zu sein, sondern reichlich getröstet zu werden. Je mehr er gezwungen war, sein Vertrauen nicht mehr auf sich selbst, sondern auf Gott zu setzen, der die Toten auferweckt, umso mehr wurde er getröstet. Da ist dann plötzlich das Licht von Ostern da, da scheint es hell, auch wo alles finster ist.
Ob in persönlichen Krisen oder Leiden, ob in der Gefahr eines Krieges in Europa, wir können diese Erfahrungen als unsere Passion, unser Kreuz deuten. Wir sind Jesus Christus damit nahe, er ist uns in seinen Erfahrungen eigentlich nur vorangegangen. Wir gehen auf seinen Wegen. Von daher haben wir die Hoffnung, dass er uns auf seinem Weg durchs Kreuz mitnimmt in die Auferstehung, in das Licht von Ostern, in sein Reich, in die Ewigkeit Gottes. Paulus bezieht dies nicht nur auf das Einst, wenn unser Leben auf Erden abbricht, er schöpft mit seiner Kraft schon hier und heute aus diesem Licht. Das macht ihn in Wirklichkeit stark und zuversichtlich.
Zu spüren ist das im Gebet. Wenn wir für die Menschen beten, bringen wie sie und uns zugleich vor Gott. In sein Licht stellen wir uns hinein, ihm vertrauen wir ihr Leiden und unser Mitleiden an. „Dazu helft auch ihr durch eure Fürbitte“, schreibt Paulus. Als Gemeinde erleben wir dies im Entzünden der Kerze, in den Friedensandachten, wenn wir für jede Bitte an Gott eine Kerze anzünden. Das ist Licht vom Licht der Osterkerze. Da nimmt uns Gott mit unseren Fürbitten zu den Leiden seines Sohnes mit. Und zugleich in die Rettung, in die Auferstehung, in das Licht des Ostermorgens, in den Trost, von ihm gehalten zu werden.
Was uns zu tun bleibt? Werke der Liebe. Menschen in ihren Zweifeln, in ihrem Hadern nahe sein, wie Christus uns im Leiden nahe ist. Und Menschen Mut machen, aus Liebe zu handeln, andere zu trösten und sie mitzunehmen in die Zuversicht. Das ist „die Gabe, die uns gegeben ist“, wie Paulus endet. Sprechen wir mit unseren Mitmenschen, reden wir in der Familie, in unseren Kreisen miteinander. Fragen wir, lassen wir andere reden und hören ihnen wirklich zu. Nehmen uns wieder Zeit für andere, stellen uns auf sie ein. Immer werden wir dabei die Erfahrung machen, selber beschenkt zu werden. Ist das zu wenig? Nein, es ist schon jetzt ein Leben im Licht, mit der Zuversicht und dem Glauben eigenen Herzen, in der Verbundenheit mit anderen. Wir glauben in allem an die Liebe Gottes, die immer für das Leben eintritt. Für den Frieden Gottes, der sein soll und der immer noch werden muss.
(aus der Predigt von Pastor Ralf Reuter am Sonntag Lätare in der Friedenskirche, über 2. Kor 1, 3-11)