Liebe Ostergemeinde, drei Frauen sind sehr früh aufgestanden. Sie haben sich verabredet. Maria Magdalena, die mit Jesus umhergezogen ist und ihn sehr geliebt hat, ist die eine. Die andere heißt auch Maria, sie ist die Mutter von Jakobus. Und dann Salome, als dritte. Sie besorgen sich gleich zu Beginn des Tages wohlriechende Öle, mit denen sie Jesus salben wollen. So machen sie sich auf den Weg, am ersten Tag der Woche, sehr früh, als die Sonne aufgeht.
Das Evangelium von der Auferstehung Jesu ist eine alltägliche Geschichte. So stehen auch wir morgens auf. So sind auch wir eingebunden, haben etwas vor. Es ist gut, wenn wir das haben, wenn wir den neuen Tag als ein Geschenk Gottes ansehen und ihn nutzen. Morgens früh, beim Aufwachen, welche Gedanken leiten uns da? Denken wir, o Schreck, was kommt heute? Die drei Frauen hätten das leicht denken können, sie haben vor zwei Tagen die Kreuzigung von Jesus erlebt.
Doch der erste Gedanke am Morgen dieses später so genannten Ostertages, der ihnen kommt, ist das Mitnehmen von wohlriechenden Ölen. Schon hier zeigt sich ihr wunderbarer Glaube an die Gestaltung des Tages. Wohlriechende Öle, hilfreiches Tun, einen Dienst tun, der getan werden muss, was sind das für schöne Gedanken in ihrer schweren Zeit. Gedanken der tätigen Liebe, von der Jesus ihnen erzählt hat. Liebe, die sie mit ihm erfahren haben. Liebe, die nun hoffnungsvoll aus ihnen hinausströmt in den Tag.
So machen sie sich auf den Weg an diesem noch frischen Morgen. Wir staunen darüber, denn ihr Ziel ist eigentlich gar nicht zu erreichen. Wie wollen sie Jesus salben, wenn vor dem Felsengrab ein großer Stein den Zugang verschließt? Sie gehen trotzdem los. Auf Hoffnung, so können wir sagen, wie wir so oft im Leben. Immer finden sich irgendwelche Steine auf dem Weg. Das Leben ist voller Hindernisse. Persönlicher Art, mit uns selber, mit anderen, und jetzt noch ein Ostern im Krieg. „Wer wälzt uns den Stein von des Grabes Tür?“
Eigentlich müsste man sich verkriechen, gar nicht mehr aufstehen. Depressiv werden, sich in Krankheiten flüchten, Ausreden suchen, um auszusteigen aus all dem Anstrengen und Einsetzen. In Zeiten von Corona ist es vielen so gegangen, und nun lähmt uns auch noch das grausame Geschehen in der Ukraine. Gut, dass die drei Frauen einfach losgehen, hier in der Geschichte von Ostern. Gut, dass wir die Botschaft hören, dass sie auch uns ergreift, sie uns anregt, ebenso aufzustehen und sich auf den Weg zu machen.
Immer ist es eine Auferstehung ins Leben. Ist das Überwinden der Schwermut, ein Ablassen vom permanenten Klagen, ein Einfinden in die Gotteskraft gegen alle Resignation und Aussichtslosigkeit. Im Herzen von Maria Magdalena, der anderen Maria und Salome ist schon etwas von dem Licht der Liebe Gottes angebrochen. Vielleicht nur ein schwacher Schein, aber er trägt sie weiter. Und der große Stein vor des Grabes Tür? Er ist weggewälzt, und das Grab ist offen.
Sie gehen hinein, und sehen einen Jüngling, vielleicht einen Engel, mit einem langen Gewand. Entsetzen packt sie, aber er spricht zu ihnen: „Entsetzt euch nicht! Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden, er ist nicht hier“. Sagt den anderen, „dass er vor euch hingeht nach Galiläa; da werdet ihr ihn sehen, wie er euch gesagt hat.“ Die Osterbotschaft, hier mit den biblischen Worten des Markus, dem Jüngling, einem Engel in den Mund gelegt. Ja, so geht Auferstehung! Es ist ein Wort Gottes, das das Leben wiederbringt.
Immer verdanken wir unser Leben einer Macht, „die jenseits unserer selbst existiert“ (Ulrich Barth, Symbole des Christentums, 168). Immer sind wir eingebunden in die Kraft, die uns das Leben schenkt und uns mitnehmen will in die Ewigkeit. Immer ist es die Liebe Gottes, die uns aufstehen, auferstehen lässt. Die uns auf einem ganz eigenen Weg führt, die uns nicht verzweifeln lasst angesichts der tausend Steine, die uns die Sicht verbauen. Mit diesem Jesus Christus sind auch wir längst unterwegs in die Zukunft Gottes.
Liebe Schwestern und Brüder, ein Ostern mitten im Krieg, die Erfahrung von Endlichkeit und Tod, der Verfall allen äußeren Erfolges, die Unplanbarkeit des Lebens, diese unausweichliche Zeitlichkeit allen Daseins, sie wird aufgefangen von der Auferstehung Jesus Christi von den Toten. Ja, das Leben ist wie Karfreitag, und darin immer auch wie Ostern, wie die Auferstehung ins Leben. Ostern ermöglicht sinnhaftes Handeln in einer unsicheren Welt, Ostern gibt einen Halt im Glauben, Ostern nimmt uns mit auf den Weg in die Ewigkeit.
Diese einfache Geschichte von den drei Frauen am frühen Morgen, sie enthält alles, was wir zum Leben brauchen. In ihrem Aufbrechen mit unsicherem Ziel zeigt sich etwas von dem unerschütterlichen Glauben. Einem Glauben, der sich beauftragt weiß für das Leben hier auf Erden. Der die Aktivität sucht, der wohlriechende Öle kauft und zuversichtlich losgeht. So wie wir losgehen am Morgen zu unseren Aufgaben, in denen wir stehen, zu den Menschen, für die wir da sind.
Der Stein ist weggewälzt, Gottes Liebe räumt Steine aus dem Weg. Vieles wird uns erst im Vollzug des Lebens geschenkt, nicht immer sehen wir das. Wie die drei Frauen, die nach der Erscheinung des Engels mit dem Wort Gottes erst einmal vom Grabe fliehen. Später, in den Begegnungen in Galiläa, mit den anderen Jüngern, werden sie diese gewaltige Liebe Gottes Stück für Stück verstehen lernen. Es braucht auch für uns Gemeinschaft, es braucht Familie, es braucht Gemeinde, braucht Kirche, braucht ein miteinander unterwegs sein auf dieser Erde.
Es ist darin immer ein Leben auf Hoffnung, auch in der Familie, in der Kirche sowieso, und in der Ukraine. Aber auch in uns, mit uns selber und unserem lebenslangen Wirken. Da kann einem auch das Zittern und Entsetzen ergreifen wie den drei Frauen am Grabe, manchmal berichten wir davon niemandem. Doch Jesus ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden, und nimmt uns mit, jeden Tag mit in die Auferstehung ins Leben. Ostern ist ein wahrhaftiger Freudentag, ein Sonnentag, lasst uns hineinspringen, lasst uns freuen und fröhlich an ihm sein, Halleluja, Amen.