Himmelskraft, liebe Pfingstgemeinde, Spirit, Energie, Power, Antrieb, Pfingsten ist mit dem Wind im Rücken unterwegs sein. Jahrelang stand ich als junger Pastor Pfingstfrüh um 7 Uhr im Wald. Mit Posaunen, Frühaufstehern aus der Gemeinde, zufälligen Spaziergängern, der ganzen Vogelschaar in feuchter Frische. Das Beffchen am Talar schaukelte, der Wind blies die Liederblätter ins Dickicht. Schön, dass wir heute in der Kirche sitzen, mit Pfingstrosen und Maigrün und allen, die nicht verreist sind und sich Himmelskraft erhoffen.
Pfingsten ist vielleicht das menschlichste Fest. Weihnachten wird Jesus geboren, wohl zu der halben Nacht. Karfreitag geht Jesus den schweren Weg des Lebens. Ostern wird er auferweckt, Himmelfahrt geht er zum Vater und wir bleiben mit unseren Lebensträumen zurück. Doch Pfingsten, da sind wir dran, werden begabt mit dem Heiligen Geist. Nicht immer wie Feuerflammen auf den Häuptern wie in der Apostelgeschichte, nicht immer reden wir in fremden Sprachen, aber fröhliche Heiterkeit und Gelingen zieht in uns ein.
Vor zwei Wochen waren wir auf Sylt. Bevor nun die Gedanken abschwirren, zur Beerdigung eines guten Bekannten, der jahrelang eine schwere Erkrankung tapfer ertrug. In der Kirche herrschte nicht nur tiefe Betroffenheit, auch heitere Gelassenheit war zu spüren. Der Bibelspruch war die Losung am Todestag, Gott macht das Dunkel des Lebens hell. Dann die Lieder, der Segen und die Worte der Kinder. Vielleicht lag es an der Kirchenruhe, ohne Ablenkung, ohne anderen Termindruck, dieses ‚mit dem Himmel im Herzen‘ innehalten. Es ist die Kraft des Himmels, was sonst, die uns hier hindurchleitet und führt.
Diese Ruhe und Gelassenheit mit in den Alltag nehmen, von Pfingsten her leben und arbeiten, das ist mein Ziel für den kommenden Sommer. Denn die Geschichte geht noch weiter. Auf der Nachfeier kam ich mit einem leitenden Kirchenvorsteher ins Gespräch. Er wollte mich abwerben für seine Inselkirche und sagte: Der Pastor muss nichts tun, nur einmal am Tag vom Pastorat bis ans andere Ende des Dorfes gehen und zurück. Ich blickte ihn ungläubig an. Ja, sagte er, er muss sich dabei nur Zeit lassen, das muss mindestens vier Stunden dauern, dann hat er alle getroffen und das richtige Wort für sie gefunden.
Der Himmel, kann er diese Kraft im Alltag entfalten? Tatsächlich ‚voll und ganz‘ vor Ort sein, bei seinem Ehepartner, seinen Kindern, auch an der Kasse im Supermarkt, und in der Kirchengemeinde? Ich erinnere mich, Managern habe ich versucht zu sagen, ihren Mitarbeitenden Augenblicke zu schenken, im Fahrstuhl, in der Kantine, auf dem Flur, auch im Zoom. Sie als Menschen, als Geschöpfe Gottes zu sehen. Jesus ist es, der so über Land gegangen ist, zu den Menschen, egal was sie waren oder meinten zu sein, mit einem guten Wort.
Im Pfingstevangelium spricht Jesus seinen Jüngern diese Gelassenheit zu. Es ist der Geist der Wahrheit, den viele nicht kennen und sehen, „er bleibt bei euch und wird in euch sein.“ Weiteres sagt er, „ich lebe und ihr sollt auch leben…ihr in mir und ich in euch.“ Der Heilige Geist wird euch das alles lehren und daran erinnern (Joh 14, 15-27). Wie Jesus selber durch den Alltag des Lebens gehen, mit seinem Geist begabt, ernsthaft und locker, menschlich und göttlich zugleich, die Verheißung an Pfingsten! Dazu begleiten uns seine Gebote, natürlich seine Wahrheit, aber immer auch sein freundlicher Blick, seine tiefe Menschlichkeit.
Heute führen wir unseren neuen Kirchenvorstand ein. Gemeinde leiten, was wird da alles gefordert! Personalführung, Gebäude sanieren, zusammenlegen, gegen den Trend Kirchen füllen, schwierige Bibeltexte öffentlich lesen, Gelder beschaffen, Kirchenleitungen ertragen, für Kaffee und Bewirtung sorgen, Lieder anstimmen und so weiter. Vielleicht reicht es, ein Mensch zu sein, mit Stärken und Schwächen, aber immer mit Himmelskraft unterwegs. Gelassen durch die Gemeinde gehen, durch die Kirchen und Ämter. Menschen und Aufgaben annehmen, einfach tun, was einem sowieso liegt und für andere hilfreich ist.
Also durchs Dorf (Stadt, Unternehmen) bummeln, wie man sich einen Inselpastor wünscht, jetzt dieses schöne Bild auf sich selber beziehen, wir sind alle seelsorgerlich und kirchlich unterwegs. Pfingsten heißt, mit dem Blick von Jesus durchs Leben gehen. Zeit haben für den Ehepartner, Familie, überhaupt für Freundschaften, Kindern oder schwierigen Jugendlichen auf Augenhöhe begegnen. Betriebe am Laufen halten, Kindergärten besuchen, der Erzieherin zur Schwangerschaft gratulieren. Andere zur Kirche mitnehmen. Zeit für Abschiede haben. Sich von nichts und niemandem unter Druck setzen lassen.
Pfingsten richtet den Blick wieder auf den Kern unseres Glaubens, auf das Leben, Sterben und Auferstehen von Jesus Christus. In seinen Geschichten, von Sonntag zu Sonntag, finden wir alle Himmelskraft versammelt. Es wird sich finden, es wird sich fügen, geht’s raus und spielts Gemeinde, ein bekanntes Fußballwort abgewandelt. Mehr weiß ich auch nicht vom Heiligen Geist. Ich bin nicht der Pastor, zu dem der Alte Fritz an Pfingsten in die Kirche kam, als er gerade sehr pastoral predigte. Der König brachte ihn völlig aus dem Konzept, er kam ins Stottern, wusste nicht weiter, musste die Predigt abbrechen.
Ja, der Heilige Geist, Jesus selber kann uns ganz schön verstören und unsere menschlichen Planungen verwirren. Doch so geht Pfingsten. Rechnen wir wieder mit Gott, sehen wir ihn im Alltag in den Menschen, die uns an die Seite gestellt worden sind. Gehen wir mit den Geboten im Herzen, mit dem Geist der Wahrheit, mit aller Himmelskraft durchs Leben. Schauen wir zusammen mit anderen, was gegenwärtig Gemeinde baut, was der Menschheit hilft. Immer locker, immer offen, immer mit diesem göttlichen Blick von Jesus zu den Menschen. Der Heilige Geist führe und leite uns bis in alle Ewigkeit, Amen!